Die Art der politischen Verfolgung bestimmt den „Einstieg“ in das Rehabilitierungsverfahren. Der Verfahrensablauf ist zweistufig. Die Grundentscheidung (Rehabilitierung) treffen in den strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren die zuständigen Landgerichte und in den verwaltungsrechtlichen und beruflichen Rehabilitierungsverfahren die Rehabilitierungsbehörden in den neuen Ländern und Berlin. Soweit die Rehabilitierungsgesetze Folgeansprüche vorsehen, werden in einer zweiten Stufe – je nach Art des Folgeanspruchs – andere Behörden auf Antrag tätig.
1. Strafrechtliche Rehabilitierung
Die strafrechtliche Rehabilitierung beinhaltet die Aufhebung politisch motivierter Unrechtsurteile staatlicher deutscher Gerichte in der SBZ/DDR aus der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990. Sie kommt auch in Betracht, wenn die gerichtliche oder behördliche Entscheidung über Freiheitsentzug außerhalb eines Strafverfahrens ergangen ist. Mit der Rehabilitierung wird der Eintrag aus dem Bundeszentralregister entfernt.
Was wird rehabilitiert:
• Entscheidungen, die der politischen Verfolgung dienten (u. a. Verurteilung wegen ungesetzlichen Grenzübertritts/Republikflucht, staatsfeindlicher Hetze, Spionage, Wehrdienstverweigerung)
• Willkürakte; Unverhältnismäßigkeit zwischen Tat und Strafe
• rechtsstaatswidrige Einweisung in eine psychiatrische Anstalt oder in ein Heim für Kinder und Jugendliche
• Leben unter haftähnlichen Bedingungen (Zwangsarbeit, im DDR-Aufnahmelager oder im Jugendwerkhof.
Der Rehabilitierungsantrag kann formlos an jedes deutsche Gericht gesandt werden. In Thüringen sind die Landgerichte in Erfurt, Gera und Meiningen zuständig. Die strafrechtliche Rehabilitierung begründet Folgeleistungen, sofern keine Ausschließungsgründe vorliegen. Anträge können bis zum 31. Dezember 2019 gestellt werden.
Weitere Informationen finden Sie hier:
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
Merkblatt "Informationen zur besonderen Zuwendung für Haftopfer"
2. Verwaltungsrechtliche Rehabilitierung
Die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung beinhaltet die Erklärung der Rechtsstaatswidrigkeit oder die Aufhebung von Verwaltungsentscheidungen deutscher Behörden in der SBZ/DDR aus der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990. Als rechtsstaatswidrig wird eine Verwaltungsentscheidung dann angesehen, wenn sie in schwer wiegender Weise gegen die Menschenwürde und die Prinzipien der Gerechtigkeit, der Rechtssicherheit oder der Verhältnismäßigkeit verstoßen und der politischen Verfolgung gedient hat oder einen Willkürakt im Einzelfall dargestellt hat.
Was wird rehabilitiert:
Entscheidungen deutscher Behörden, die
• zu einer gesundheitlichen Schädigung,
• zu einem Eingriff in Vermögenswerte oder
• zu einer beruflichen Benachteiligung
geführt haben, und deren Folgen noch heute unmittelbar schwer und unzumutbar fortwirken. Insbesondere die Zwangsaussiedlungen aus dem Grenzgebiet der früheren DDR in den Jahren 1952 und 1961 sind mit den tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaats unvereinbar. Der Rehabilitierungsantrag ist formgebunden. Die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung begründet Folgeansprüche je nach verletztem Rechtsgut. Zuständige Rehabilitierungsbehörde ist in Thüringen das Thüringer Landesverwaltungsamt, Abteilung Soziales – SED-Unrecht
Weitere Informationen finden Sie hier:
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
3. Berufliche Rehabilitierung
Die berufliche Rehabilitierung beinhaltet den Ausgleich für politisch motivierte Eingriffe in Beruf oder berufsbezogene Ausbildung in der SBZ/DDR aus der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990.
Was wird rehabilitiert:
Zeiten
• eines zu Unrecht erlittenen Freiheitsentzuges (Vorlage der strafrechtlichen Rehabilitierung oder Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 Häftlingshilfegesetz),
• eines verfolgungsbedingten Verweises von einer Fach- oder Hochschule,
• eines rechtsstaatswidrigen Entzuges einer Gewerbeerlaubnis oder eines Seefahrtsbuches,
• einer verfolgungsbedingten Lohnminderung (Minderverdienst),
• ab Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen politischer oder religiöser Überzeugungen, Kritik am System der DDR, eines Ausreiseantrages oder verbotener Westkontakten.
Sonderfall: Verfolgte Schüler
Relegierung von der Schule, Nichtzulassung zum Abitur oder Studium, Rücknahme der Delegierung zum Studium aus verfolgungsbedingten Gründen.
Der Rehabilitierungsantrag ist formgebunden. Die berufliche Rehabilitierung berechtigt zu Folgeleistungen, insbesondere zum Rentennachteilsausgleich. Zuständige Rehabilitierungsbehörde ist in Thüringen das Thüringer Landesverwaltungsamt, Abteilung Soziales – SED-Unrecht.
Weitere Informationen finden Sie hier:
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
Merkblatt "Informationen zu sozialen Ausgleichsleistungen nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz"
4. Rehabilitierung durch die Russische Föderation
Verurteilungen der sowjetischen Besatzungsmacht können in begründeten Fällen von der Russischen Föderation rehabilitiert werden. Rechtliche Grundlage ist das "Gesetz der Russischen Föderation über die Rehabilitierung von Opfern politischer Repressionen". (Internierte werden von der Russischen Föderation nicht rehabilitiert.)
Der Antrag auf Urteilsüberprüfung ist über die Dokumentationsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer, politischer Gewaltherrschaft, Dülferstraße 1, 01069 Dresden, zu stellen. Ein Antragsformular ist dort erhältlich.
Tel.: +49(0)351 – 4 69 55 48
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Von der Russischen Föderation Rehabilitierten und den Internierten stehen Leistungen im Sinne des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes zu, wenn eine Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 Häftlingshilfegesetz (HHG) vorliegt.
Weitere Informationen finden Sie hier:
Auswärtiges Amt
Dokumentationsstelle –Sächsische Gedenkstättenstiftung