Peter Heubach aus Sonneberg ist tot. Mit gerade einmal 56 Jahren ist er am 13. März 2020 verstorben. Der Landesbeauftragte und seine Mitarbeiter*innen betrauern den unerwarteten Verlust dieses herzensguten Menschen.
Peter wurde 1963 in Sonneberg im südlichen Thüringen geboren. Er wuchs in der Geborgenheit seiner Eltern und Großmutter auf und erkannte früh sein Interesse am Musizieren. Peter lernte Klarinette und spielte ab November 1976 im Blasorchester Sonneberg-Oberlind. Zudem engagierte er sich bei den „Jungen Sanitätern“ und erlernte die Grundlagen der Ersten Hilfe. Ihm machte diese Arbeit Freude und so wurde er 1978 Mitglied des DRK der DDR. Auch das Schwimmen war seine Leidenschaft. Ebenfalls 1978 absolvierte er einen Rettungsschwimmerlehrgang. Sein damaliger Berufswunsch war Schwimmmeister. In der Schule lief es zu dieser Zeit nicht gut: Seine Leistungen verschlechterten sich und er musste gegen seinen Willen die Schule mit einem 8.Klassen-Abschluss beenden. Im Patenbetrieb der Schule, dem VEB Thuringia Sonneberg, erhielt er eine Lehrstelle als Dreher, die ihn allerdings nicht interessierte. Er wechselte die Ausbildung, wurde Transport- und Lagerarbeiter und holte den Abschluss der 10. Klasse nach.
In dieser turbulenten Jugendzeit geriet er in die Fänge der Staatssicherheit. Im September 1979 wurde er unter einem Vorwand ins Sonneberger Rathaus bestellt. Zwei Mitarbeiter der Staatssicherheit nahmen ihn dort in Empfang und befragten ihn unter anderem zu seiner Einstellung zur DDR (die als junger Mann durchaus eine positive war) und bauten Vertrauen zum jungen Peter auf. Beim nächsten Treffen im Dezember 1979 warben sie ihn – im Alter von 16 Jahren – als Inoffiziellen Mitarbeiter für die Staatssicherheit. Peter unterschrieb eine Verpflichtungserklärung zur Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit, ohne sich bewusst zu sein, was er eigentlich unterschrieb.
Ihm wurde erklärt, dies sei eine Vorbereitung zum Wehrdienst. Die Staatssicherheit bat ihn, sich „etwas herum zu hören“ und nutze seine Offenheit und Redeseligkeit aus. Zugleich verpflichteten sie ihn zu Stillschweigen. Nur kurze Zeit später, im Januar 1980, offenbarte er sich aber einem (vermeintlichen) Freund. Allerdings war dieser „Freund“ selbst Inoffizieller Mitarbeiter und auf Peter Heubach angesetzt, um dessen Arbeit als jugendlicher inoffizieller Mitarbeiter zu überwachen. Die Stasi überließ nichts dem Zufall. Beim nächsten Treffen wurde Peter gedroht, in den Jugendwerkhof zu kommen, wenn er noch einmal über seine Tätigkeit für die Staatssicherheit spräche. Also schwieg er und das MfS hielt an ihm fest. Zum 1. Oktober 1982 wurde er nach Berlin ins Wachregiment „Felix Dzierzynski“ zum dreijährigen Wehrdienst einberufen. Während seiner Dienstzeit kam es immer wieder zu kleineren Disziplinarverstößen. Ende November 1983 wurde er vorzeitig aus dem aktiven Dienst ausgemustert.
Danach arbeitete er bis 1989 im VEB Thuringia in Sonneberg als Transportarbeiter. Seine Anträge zur beruflichen Weiterentwicklung wurden seitens der Betriebsleitung konsequent abgelehnt. Im Betrieb stellte er zunehmend kritische Fragen, bald blieb er den Partei- und FDJ-Versammlungen fern. Inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit waren auf ihn angesetzt. Im August 1988, während seines Jahresurlaubes, arbeitete er als ehrenamtlicher Rettungsschwimmer an der Ostsee, was ihm große Freude bereitete. Also entschloss er sich, seinen lang gehegten Traum zu erfüllen und hauptberuflicher Rettungsschwimmer zu werden. Er bewarb sich im Ostseebad Zingst und wurde zu seiner Überraschung eingestellt. Nach Saisonende kehrte er im Oktober 1989 nach Sonneberg zurück und erlebte dort die Friedliche Revolution. Sein Traum vom Rettungsschwimmer in Zingst im nächsten Jahr war allerdings passé. In den 1990er Jahren arbeitete er als Rettungsschwimmer in den Bädern der Stadt Sonneberg. Dabei trug er schwer an seiner Biografie. Die Mitarbeit bei der Staatssicherheit machte ihn schwer zu schaffen, zumal sie immer wieder seine berufliche Existenz bedrohte. Der erste Landesbeauftragte Thüringens, Jürgen Haschke, unterstützte die Rehabilitierung von Peter Heubach intensiv. Die Einsicht in Peters Stasi-Akte machte deutlich, dass diese eine Opferakte und keine Täterakte war. Peter wurde als Jugendlicher für die inoffizielle Arbeit für die Staatssicherheit geworben! Am 19. November 1998 wurde er nach dem 2. SED-Unrechtsbereinigungsgesetz verwaltungsrechtlich rehabilitiert.
Im Jahr 2000 zog Peter in den Norden, nach Rostock, und nahm eine Tätigkeit als Schwimmmeister und Taxifahrer auf. Nach dem Tod von Mutter und Großmutter kehrte er wieder in seine Heimat Sonneberg zurück.
Peter engagierte sich in der UOKG und in der Vereinigung der Opfer des Stalinismus. Als Mitglied der SPD seit 1993 arbeitete er im Arbeitskreis Geschichte des Landesverbandes der SPD in Thüringen und im Landesverband Mecklenburg-Vorpommern. Er war Zeitzeuge im Zeitzeugenbüro der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Peter hatte noch viel vor. In den letzten Gesprächen mit ihm, ging es immer um Zukunft, Perspektive und Vorhaben. So kämpfte er engagiert dafür, die akademischen Grade, die Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) an der geheimen Hochschule des MfS (auch bekannt als Juristische Hochschule Potsdam) erworben hatten, abzuerkennen. Zudem machte er es sich zur Lebensaufgabe, junge Menschen über die DDR-Diktatur aufklären. Durch seine persönlichen Erfahrungen war er überzeugt, dass Kinder und Jugendliche niemals durch eine Diktatur missbraucht werden sollten. Wir werden Peter und seine herzliche und direkte Art sowie seine „Sumbarcher Mundart“ sehr vermissen.